Schreiben

Legte ein Ohr an die Außenseite des Tags.
Schloss die Augen und sah.

Tau. Straßen. Schillernde Lachen Benzin.
Die Amsel holte zwitschernd alles nah.

Die Rosen steckten die Köpfe
durch den schmiedeeisernen Zaun.

Sie schauten.
Sie nickten nicht.

Es war das Gras, das Antwort gab
als ich zu sprechen begann.

Ich bückte mich
und strich ihm über das Haar.

 

aus: Thilo Krause. Was wir reden, wenn es gewittert. Gedichte.
München: Carl Hanser, 2018.

Gedichtbände, zuletzt:
Um die Dinge ganz zu lassen. Gedichte. (2015)
Und das ist alles genug. Gedichte. (2012)


Thilo Krause | Geboren 1977 in Dresden. Studium des Wirtschaftsingenieur­wesens in Dresden und London. Promotion an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, wo er auch heute noch lebt und als Forscher beim Elektrizitätswerk der Stadt arbeitet. Literarische Veröffentlichungen seit 2005. Peter-Huchel-Preis 2019.

Bei Thilo Krause stehen die Dinge im Licht: Transparenz, Klarheit, karge Fülle sind die Kennzeichen seiner Lyrik. Bei ihm kommen die alltäglichen Momente zur Sprache, aber in einer Sprache, die nicht alltäglich ist, sondern aus der Verdichtung ihre Stärke zieht. Er kennt seine Vorbilder aus der mediterranen und anglophonen Moderne, bleibt aber mit wachem Auge im Gegenwärtigen.

                                                                                         aus der Jurybegründung zum Peter-Huchel-Preis